Erneuerbare Energie für Farmen in Peru

Enrico Wiesner in Peru.

© Privat

Die Kombination aus technischer Expertise, nachhaltigem Unternehmertum und lokaler Verwurzelung – das zeichnet das Gründungsteam von Social Energy Network aus. Meybol Estendorfer-Moran und Enrico Wiesner haben es sich zur Aufgabe gemacht, mithilfe erneuerbarer Energien die Lebensbedingungen in ländlichen Regionen zu verbessern. Ihr Start-up entwickelt intelligente Lösungen für die Bewässerung von Farmen und eine stabile Stromversorgung in abgelegenen Gebieten, wie dem Flussdelta VRAEM in Peru. Dabei bringen sie nicht nur fundiertes Wissen aus der Industrie und der nachhaltigen Wirtschaft mit, sondern setzen auch auf enge Zusammenarbeit mit lokalen Partner*innen. Im Interview erzählen die beiden, wie aus einer einmaligen Spendenaktion eine langfristige Vision für nachhaltige Entwicklung wurde – und welche Herausforderungen und Chancen die Gründung eines solchen Unternehmens mit sich bringt.

Stellt euch als Gründungsteam doch einmal kurz vor. Wer steckt hinter dem Start-up?

Dahinter stecken wir, die beiden Gründer, Meybol und Enrico. Meybol hatte bereits vor der Gründung von Social Energy Network ein Unternehmen für nachhaltig produzierte und direkt gehandelte Schokolade aus Peru. Enrico hat den industriellen Hintergrund und das technische Wissen, weil er seit seiner Ausbildung bei Siemens, später Siemens Energy, arbeitet.

Beschreibt eure Gründungsidee:

Die Überschrift lautet: Empowerment durch erneuerbare Energien. Wir bringen Lösungen für die Bewässerung von Farmen und für eine grundlegende Stromversorgung. Konkret sind das solarbetriebene Pumpen zur Bewässerung, Batterien zur Speicherung und Solarpanele zur Stromerzeugung in einem System kombiniert. Das „Gehirn“, das das ganze steuert, entwickeln wir selbst. Was uns besonders macht: Wir sind lokal gut verankert, weil Meybol in Peru seit Jahren Geschäfte betreibt und wir verwenden viel Zeit darauf, gemeinsam mit unseren Partner*innen vor Ort die passende Lösung zu entwerfen.

Wie kamt ihr auf den Gedanken, ein Start-up zu gründen?

Den ursprünglichen Anstoß hat tatsächlich ein Projekt beim Vorstand der IG Metall gegeben, das „Internationale Projektmanagement 3. Generation“. Hierbei ging es um die Entwicklung und Umsetzung eines Projekts, das im Umfeld von multinationalen Konzernen stattfindet und mit gewerkschaftlicher Interessenvertretung zu tun hat. Ich arbeite bei Siemens Energy und da spielt zusätzlich auch die Energieversorgung eine Rolle. Der Schwerpunkt war Lateinamerika. Bei der Suche nach Sponsor*innen traf ich Meybol auf einer Messe für vegane Ernährung.

Beim Besuch der lateinamerikanischen Teilnehmer*innen in Deutschland, besuchten wir die Ruhr-Universität Bochum mit der Gemeinsamen Arbeitsstelle RUB/IGM und den RUB-Makerspace. So kam eins zum anderen und aus einem einmaligen Spendenprojekt, bei dem wir eine Solarpumpe gespendet haben, wurde die Idee eines Vereins und schließlich die eines gemeinnützigen Start-ups. Vater des Gedankens war, dass wir keine einmalige Aktion daraus machen wollen, sondern Strukturen für eine nachhaltige Entwicklung und für die Umsetzung von Folgeprojekten.

Wie ließ sich die Gründung mit dem Studium/dem Beruf vereinbaren?

Bei uns ging es eher um die Frage, wie es mit dem aktuellen Job zusammenpasst. Das war nie leicht, aber immer machbar, weil die Themen zusammenhängen: Energie - Siemens Energy, Landwirtschaft und lokale Vernetzung - Meybol, Türöffner zu Kooperativen die IG - Metall, usw. Wir konnten die Themen des Start-ups immer mit unserem Alltag verbinden.

Die WORLDFACTORY bedeutet für uns…

Ein verlässlicher Ansprechpartner und ein großartiges Netzwerk, auf das Verlass ist. Kurzfristige Lösungen sind immer möglich und das ist entscheidend für junge Unternehmen.

Was sind die größten Herausforderungen, auf die man stoßen kann und wie geht man damit um?

Das ist tatsächlich die Sinnfrage: Was mache ich hier und warum tue ich mir das eigentlich an? Es dauert lange, bis man Erfolge hat, geschweige denn, von ihnen leben kann. Da ist ein ganz starkes„warum“ die entscheidende Antwort. Jeder hat etwas anderes, das sie oder ihn motiviert. Für uns geht es um Umweltschutz und als wir mit dem Thema anfingen war klar, dass es nicht einfach werden kann, es aber keine Alternative gibt. Dann gibt es immer wieder Situationen, in denen man sich fragt, was genau mache ich hier eigentlich? Da ist ein Team entscheidend, in dem man auch diskutieren kann: Sind wir eigentlich noch auf dem Weg, den wir uns mal vorgenommen haben? Agilität ist wichtig und auch der Mut sagen zu können, wenn man mal auf dem Holzweg war.

Was ist das Besondere an eurem Start-up?

Das Besondere ist, dass wir einen ökologischen Ansatz mit ökonomischer Effizienz verbinden. Wir sind keine Weltverbesserer, sondern lösen echte Probleme. Ein Beispiel: Der Benzinpreis, von dem die lokalen Bauern abhängig sind, weil ihre alten Pumpen damit betrieben werden, ist ein echtes Problem. Wir beginnen unsere Gespräche immer mit den Fragen: Wie macht ihr es jetzt und wie wollt ihr es in Zukunft machen – da ist die Antwort bei den Meisten schon von alleine: „Nachhaltig“. Dann geht es darum, den Weg dahin zu finden. Wir sagen nie: Ihr macht das falsch.

Wo steht ihr aktuell und was kommt als nächstes?

Gerade bauen wir weiter an dem Zusammenspiel und der Rollenverteilung zwischen unserem bereits gegründeten gemeinnützigen Verein und dem Start-up Social Energy Network. Wir haben Gelder für den Verein gewinnen können und planen nun, wie wir diese ausgeben, ohne die Gemeinnützigkeit zu verlieren. Außerdem steht die Umsetzung unserer Projekte in VRAEM (Peru) an. VRAEM ist ein Flussdelta in dem tausende Farmer*innen leben und arbeiten. Auf drei Farmen realisieren wir Bewässerungssysteme für jeweils 10 Hektar. Das ist das Größte, was wir bisher gemacht haben. Wenn wir erfolgreich sind, werden wir über die Bewässerung des gesamten Flussdeltas verhandeln. Darüber haben wir eine unterschriebene Absichtserklärung des Bürgermeisters von Kimbiri.

Euer Tipp an alle Gründungsinteressierten:

Macht das, wovon ihr wirklich überzeugt seid und seid dabei flexibel. Seid nicht zu hart zu euch selbst, teilt die Aufgaben gut auf und haltet euch an eure Absprachen.