Legal Guide #6: Intellectual Property - So schützt du als Gründer*in dein geistiges Eigentum

Schon in der Anfangsphase eines Gründungsprojekts stellen sich einige wichtige rechtliche Fragen. In unserer "Legal Guide" Blogserie widmen wir uns rechtlichen Grundlagen für Start-ups und klären die wichtigsten Rechtsfragen, die vielen Gründer*innen auf dem Herzen liegen. Dafür haben wir uns fachliche Unterstützung von den Rechtsanwälten und Rechtsanwältinnen von Aulinger Rechtsanwälte Notare geholt, die euch in unseren Legal Guides einen kompakten Überblick über Rechtsthemen für Gründer*innen geben. Unser Legal Guide #6 behandelt das Thema Intellectual Property. Für viele Start-ups sind Innovationen das Herzstück ihres Geschäftsmodells. Dabei ist der Schutz von geistigem Eigentum („IP“, „Intellectual Property“) ein essentielles Thema für Gründer*innen. Wir beantworten euch in diesem Beitrag die wichtigsten Fragen, die sich Gründer*innen im IP-Bereich unbedingt stellen sollten, um ihre Innovationen als Herzstück ihres Geschäftsmodells ausreichend zu schützen.
Was ist geistiges Eigentum und wieso ist es für Start-ups so essentiell?
Geistiges Eigentum beschreibt ausschließliche Rechte an geistigen Werken, die durch kreative intellektuelle Leistung entstehen. Gemeint sind damit Schöpfungen des Geistes: Erfindungen, Literatur, Kunstschaffen sowie Symbole, Logos, Software, Namen, Bilder und Designs, die geschäftlich genutzt werden.
Gerade Investoren bewerten Start-ups meistens (auch) nach ihrem IP-Portfolio. Der Schutz von IP ist für Gründer*innen besonders relevant, da IP Wettbewerbsvorteile sichert und die Produkte oder Marken vor Nachahmung oder Kopie durch Konkurrenten schützt. Darüber hinaus bietet IP die Möglichkeit, durch Lizenzen Einnahmen zu generieren.
Welche Arten von Schutzrechten gibt es und wie wähle ich die richtige Schutzstrategie?
Die Wahl des Schutzrechtes hängt von der Art der Innovation ab. Die folgenden Ausführungen beziehen sich – mit wenigen genannten Ausnahmen – auf die Anmeldung von Schutzrechten in Deutschland.
Patente:
Durch Patente schützt ein Start-up neue technische Erfindungen oder Verfahren. Dabei bieten Patente einen doppelten Schutz: Zum einen sichern sie das exklusive Recht, die technische Erfindung oder das technische Verfahren für eine bestimmte Dauer (in der Regel 20 Jahre) zu nutzen und zu verwerten. Kein Dritter darf patentierte Technologie ohne Zustimmung herstellen, verkaufen oder nutzen. So können Investitionen in Forschung und Entwicklung abgesichert werden. Die zweite Schutzrichtung des Patents sichert die eigene Nutzung der Erfindung: Ohne ein Patent besteht das Risiko, dass ein Wettbewerber eine ähnliche Innovation zuerst als Patent anmeldet und dem eigentlichen Erfinder die Nutzung verbietet. Es ist deswegen von essenzieller Bedeutung, dass Erfinder ihre Forschung und Entwicklung durch die frühzeitige Anmeldung von breit gesteckten Patenten absichern. Nur so kann sichergestellt werden, dass die eigene technische Erfindung oder das eigene technische Verfahren auch uneingeschränkt genutzt werden können. Bei Patenten kommt es somit praktisch auf „jede Sekunde“ an, denn eine einmal öffentlich gewordene Erfindung kann nicht mehr patentiert werden.
Marken:
Möchtet ihr z. B. den Unternehmensnamen, Produktnamen, Logos oder Slogans schützen, mit welchen sich das Start-up identifiziert und damit eure Produkte klar im Markt positionieren, könnt ihr dies über die Eintragung einer Marke beim Deutschen Patent und Markenamt („DPMA“) oder beim European Union Intellectual Property Office („EUIPO“) erreichen. Hierbei kann zwischen einfachen Wortmarken bis hin zu Wort-/Bildmarken gewählt werden. Die reguläre Schutzdauer einer Marke beträgt zehn Jahre ab dem Anmeldetag und kann gegen Entgelt verlängert werden. Mit der Eintragung der Marke erhaltet ihr ein ausschließliches Schutzrecht an dieser und könnt so verhindern, dass Konkurrenten diese ohne eure Zustimmung benutzen. Durch diesen Nachahmungsschutz steigert ihr gleichzeitig den Wert der Marke und des Start-ups und werdet so interessanter für Investoren, steigert eure Kundenbindung und baut euch einen guten Ruf auf.
Neben der Eintragung der Marke ist zudem die stetige Überwachung dieser relevant. Nur so könnt ihr sicherstellen, dass kein Dritter die Marke nachahmt oder sogar identisch verwendet.
Designs:
Mit der Eintragung eines Designs wird die Erscheinungsform industriell oder handwerklich hergestellter Erzeugnisse (z. B. von Bekleidung, Möbeln, Fahrzeugen, Stoffen, oder grafischen Symbolen, grafischen Benutzeroberflächen und Logos) geschützt. Auch Teile von Erzeugnissen (z. B. die Sohle eines Sportschuhs, die Felgen oder Rücklichter eines Autos, Brillenbügel oder die Verschlusskappe eines Kugelschreibers) können als eingetragenes Design geschützt werden. Ein eingetragenes Design gewährt ein zeitlich begrenztes Monopol auf die äußere Form- und Farbgestaltung eines Erzeugnisses. Die Schutzdauer nach Anmeldung des Designs beträgt fünf Jahre. Danach ist eine Verlängerung um jeweils fünf Jahre bis zur Höchstschutzdauer (25 Jahre) möglich. Das eingetragene Design bietet somit einen starken und – bei Inanspruchnahme der Höchstschutzdauer – langanhaltenden Schutz, welcher registriert und somit leicht durchsetzbar ist.
Auf der Ebene der Europäischen Union (EU) kann Schutz durch das eingetragene Unionsgeschmacksmuster erreicht werden (trotz unterschiedlicher Bezeichnung meinen das deutsche Designrecht und das europäische Unionsgeschmacksmuster dasselbe Schutzrecht). Das eingetragene Unionsgeschmacksmuster bietet wie das eingetragene deutsche Design eine Höchstschutzdauer von 25 Jahren.
Daneben gibt es auch das sogenannte nicht eingetragene Unionsgeschmacksmuster. Dieses bietet ab der ersten Offenbarung innerhalb der EU - z. B. durch Benutzung oder Vermarktung des Designs - Schutz des jeweiligen Gegenstands etc. in der gesamten EU, ohne dass es einer Eintragung bedarf. Wichtig ist, dass die erste Offenbarung wirklich innerhalb der EU erfolgt ist. Erfolgte die erste Offenbarung z. B. in der Schweiz, entsteht ohne amtliche Eintragung kein Schutz als nicht eingetragenes Unionsgeschmacksmuster. Beachtet ihr diese Voraussetzung, so erlangt ihr mit der Offenbarung eures Designs automatisch Schutz in Form des nicht eingetragenen Unionsgeschmacksmusters. Zu beachten ist, dass die Schutzdauer eines solchen Rechts maximal drei Jahre beträgt und nicht verlängert werden kann.
Urheberrechte:
Anders als die oben genannten IP-Rechte muss das Urheberrecht nicht erst veröffentlicht oder in ein amtliches Register eingetragen werden Es entsteht mit der Schöpfung, etwa mit Verfassen eines Textes oder der Entwicklung eines Softwarecodes. Das Urheberrecht garantiert somit ein exklusives Nutzungsrecht, welches im Normalfall erst 70 Jahre nach dem Tode des Urhebers erlischt und mit dem ihr eure Produkte vor Plagiaten schützt.
Geschäftsgeheimnisse:
Geistiges Eigentum kann auch in Form von Geschäftsgeheimnissen, wie z. B. technischem Know-how, Unternehmensstrategien oder Entwicklungsmethoden bestehen. Um eure Geschäftsgeheimnisse zu schützen, bedarf es ebenfalls keiner formellen Registrierung. Anders als beim Urheberrecht müsst Ihr hier aber selbst aktiv werden und zum Schutz der Geschäftsgeheimnisse geeignete Vertraulichkeitsvereinbarungen in Verträge implementieren und intern sicherstellen, dass nur bestimmte Mitarbeitende Zugang zu dem Know-how haben.
Als Start-up Gründer*in habe ich nur ein begrenztes Budget – Wie handle ich möglichst effizient?
Die meisten Start-ups verfügen Anfangs nur über ein begrenztes Budget. Ihr solltet euch deswegen früh genug mit der Eintragung potenzieller Schutzrechte auseinandersetzen und ggf. eine Prioritätenliste erstellen, um das begrenzte Budget möglichst effektiv einzusetzen. Am Ende dürfte der (möglichst frühe) Schutz des Geistigen Eigentums in jedem Fall lukrativer sein als die ungeschützte Preisgabe der eigenen Ideen.
Grundsätzlich müsst ihr mit den Kosten der Anmeldung rechnen, die je nach Schutzrecht und Art der Anmeldung (national / EU) variieren. Das Kostenmerkblatt des DPMA (Kostenmerkblatt - Gebühren und Auslagen des Deutschen Patent- und Markenamts und des Bundespatentgerichts) bietet eine gute Übersicht für die Anmeldung in Deutschland. Eine Marken- oder Designanmeldung sind relativ günstig, während eine Patentanmeldung eher höhere Kosten verursacht.
Gleichzeitig dürft ihr nicht vergessen, dass ihr den Schutz eurer eingetragenen Rechte auch Aufrechterhalten solltet. Auch das fordert - je nach Schutzrecht - unterschiedlich hohe Gebühren.
Wie erhalte ich mein IP-Recht und wo muss ich die Anmeldung einreichen?
Der Prozess der Erlangung eines eingetragenen IP-Rechts teilt sich in mehrere Schritte: Zunächst solltet ihr in jedem Fall eine IP-Recherche durchführen. Das bedeutet, dass ihr recherchieren müsst, ob nicht schon ein anderer Wettbewerber am Markt eure „Idee“ als Marke/ Patent/ Design angemeldet hat. Es empfiehlt sich, diese Recherche durch Experten (bei einem Patent z. B. durch einen Patentanwalt oder durch Recherchedienstleister) durchführen zu lassen. Ein vergleichbares Schutzrecht mag schnell erkannt sein – ob dieses jedoch wirklich durch die Anmeldung eures Schutzrechts verletzt wird, ist im Einzelfall ohne die nötigen Kenntnisse schwer selbst zu bestimmen. Letztlich besteht auch das Risiko eines Schadensersatzanspruches, z. B. wenn ihr (vorsätzlich oder) fahrlässiger Weise eine rechtsverletzende Marke anmeldet.
Entscheidet ihr euch für eine Eigenrecherche, könnt ihr z.B. die Datenbanken des DPMA oder der World Intellectual Property Organization nutzen. Wenn eure Recherche keine entgegenstehenden Rechte Dritter ergeben hat, könnt ihr eine Schutzrechtanmeldung einreichen. Auch hierbei könnt ihr euch der Hilfe eines Experten bedienen.
Die Anmeldung erfolgt in Deutschland immer beim DPMA. Bestimmte Schutzrechte, wie z. B. die Marke sind territorial. Das bedeutet, dass ihr sie überall dort eintragen müsst, wo ihr sie schützen wollt. Es ist insofern auch wichtig, dass ihr euch mit den verschiedenen IP-Regelungen in unterschiedlichen Ländern vertraut macht. Für europäische Marken und Designs ist das EUIPO zuständig. Sofern ihr ein europäisches Patent anmelden möchtet, ist dafür das Europäische Patentamt (EPA) zuständig.
Sobald ihr eure Rechte angemeldet und erhalten habt, ist es wichtig, diese zu überwachen und sicherzustellen, dass Konkurrenten oder Dritte diese nicht verletzen. Stellt ihr eine Verletzung fest, könnt ihr Schadensersatzansprüche geltend machen oder einstweilige Verfügungen beantragen, die weitere Verletzungen untersagen.
Wie gehe ich mit geistigem Eigentum bei Partnerschaften oder Investoren um? Was muss ich beim Abschluss von Verträgen beachten?
Im Verhältnis zu Investoren oder bei Partnerschaften im Rahmen von z.B. Forschungs- und Entwicklungsarbeiten sollte IP ebenfalls bedacht werden. So solltet ihr direkt zu Beginn der Zusammenarbeit in dem der Investition oder der Partnerschaft zugrundeliegendem Vertrag die Eigentumsverhältnisse und Nutzungsrechte am geistigen Eigentum festlegen. Dabei ist insbesondere auch an Regelungen mit Mitarbeitenden, externen Dienstleistern und bestimmte Exit-Regelungen im Streitfall zu denken. Im Rahmen unserer Tätigkeit haben wir schon oft solche Regelungen für Start-ups verfasst und stehen euch hier auch gerne beratend zur Seite.
Im Rahmen der Zusammenarbeit mit anderen Unternehmen spielen zudem Geheimhaltungsvereinbarungen (kurz auch „NDA“) eine wichtige Rolle. Sie sorgen dafür, dass die vertraulichen Informationen definiert werden und gleichzeitig geregelt wird, wie diese zu verwenden sind. Gerade durch die in NDA’s geregelten Vertragsstrafen schützt ihr euch vor der Offenlegung der geheimen Informationen durch Dritte.
Letztlich solltet ihr auch vertraglich klar definieren, welche Nutzungsrechte Dritten (z. B. in Form von exklusiven oder nicht-exklusiven Lizenzen) eingeräumt werden sollen.
Welche Fehler sollte ich unbedingt vermeiden?
Der wichtigste Rat, den wir euch geben können, ist folgender: Meldet eure Erfindungen und Ideen früh genug an. Wie zuvor dargelegt sichert ihr euch durch eine zeitige Anmeldung das Schutzrecht und sorgt so dafür, dass von Anfang an Nachahmungsschutz besteht.
Wie bereits erwähnt spielt IP für Investoren eine große Rolle. In Rahmen dessen empfiehlt es sich, alle Schutzrechtsanmeldungen, Verträge über Nutzungs- und Eigentumsverhältnisse am IP und alle NDA’s sorgfältig und strukturiert bereit zu haben, um so im Falle einer Due Diligence gut aufgestellt zu sein.
Letztlich kann festgehalten werden, dass ihr mit eurem Geistigem Eigentum ein wertvolles Asset besitzt, welches euer Start-up schützt, Wettbewerbsvorteile sichert und den Unternehmenswert steigert. Dabei ist die richtige Schutzmaßnahme jedoch die maßgebliche Grundlage dafür, ob der Schutz des geistigen Eigentums auch zum Erfolg führt. Wenn Unsicherheiten bezüglich der richtigen Schutzmaßnahme bestehen, sollte also lieber zu früh als zu spät ein Experte herangezogen werden. Sofern ihr frühzeitig und richtig in den Schutz investiert, schafft ihr damit eine solide Grundlage für nachhaltiges Wachstum eures Start-ups.
Rechtlicher Hinweis: Bitte beachtet, dass eine Lektüre dieses Beitrags in keinem Fall eine Rechtsberatung ersetzt. Sollte ihr Fragen haben, setzt euch gerne mit uns in Verbindung.
Über die Autoren
Axel Staudt ist Rechtsanwalt und Partner bei AULINGER und verantwortet den Bereich Start-up/Venture Capital und betreut M&A-Transaktionen für nationale und internationale Mandant*innen. Er hat langjährige Erfahrung bei Seed, Series A- und Folgefinanzierung sowie Exit und Buy-Out Transaktionen. Axel Staudt betreut nicht nur Investor*innen im Bereich Private Equity und Venture Capital, sondern unterstützt auch Unternehmen und Gründende in der Start-up-Phase und in der laufenden Beratung. Er ist Coach, Jurymitglied und Mentor bei verschiedenen Businessplan- und Pitchwettbewerben für Start-ups.
Isabel Fuchs ist ebenfalls Rechtsanwältin bei AULINGER und ist in den Bereichen Kartellrecht sowie M&A tätig. Neben der Anmeldung von Zusammenschlussvorhaben beim Bundeskartellamt und der Klärung kartellrechtlicher Fragestellungen beschäftigt sie sich auch mit der Prüfung von Unternehmenskauf- sowie Forschungs- und Entwicklungsverträgen, insbesondere mit den darin enthaltenen Regelungen zum IP.